Wenn Freizeit zur To-do-Liste wird

Wie wir uns selbst in der vermeintlichen Entspannung verlieren – und was es braucht, um wirklich bei uns anzukommen

 

„Abby, mein Sonntag war so gut! Ich habe tausend Sachen geschafft! Ich war joggen, danach im Fitnessstudio, hab mich dann noch mit Freunden getroffen, und abends dann sogar noch ne Serie auf Netflix. Ich war nonstop unterwegs und es war eigentlich auch alles gut…“

Ich nicke. „Und der Montag?“

„Montagmorgen, ich sitze am Schreibtisch – und ich bin einfach nur leer. Als hätte mir jemand den Stecker gezogen. Nichts geht. Und das versteh ich einfach nicht. Ich habe nur Dinge gemacht, die ich mag. Das hätte mich doch erholen müssen?“

Diese Worte höre ich oft. Sie markieren den Moment, in dem etwas kippt: Die Erkenntnis, dass Aktivität nicht automatisch Erholung bedeutet. Dass das, was wir als „Pause“ bezeichnen, uns manchmal mehr Energie kostet als der Alltag selbst.

 

Die Illusion der optimalen Erholung

Wir leben in einer Zeit, in der selbst die Freizeit unter dem Diktat der Effizienz steht. Sport, soziale Kontakte, Unterhaltung – alles soll in wenigen Stunden untergebracht werden. Und alles soll möglichst sinnvoll sein. Wir planen unsere freien Tage wie Projekte, strukturieren sie wie Trainingspläne, bewerten sie wie Arbeitstage.

„Wie war es beim Laufen?“ frage ich. „Welche Strecke bist du gejoggt?“

„Das weiß ich gar nicht mehr so genau… Ich bin einfach los. Aber ich hatte einen Podcast auf den Ohren – Öffrecht, Verwaltungsakt und Allgemeinverfügung.“

„Und erinnerst du noch was davon?“

„Hm… ne. Muss ich dann wohl nochmal hören…“

 

Dissoziierte Aktivität – Wenn der Körper läuft, aber der Geist nicht mitkommt

Was hier passiert, ist ein Phänomen, das in der Psychologie als dissoziierte Aktivität beschrieben wird. Wir tun etwas – aber wir sind nicht da. Körperlich beim Joggen, geistig beim Lernstoff. Mit Freunden am Tisch, aber innerlich bei der Strafrechtshausarbeit. Vor dem Bildschirm, aber gleichzeitig auf Social Media.

Diese Zerrissenheit ist anstrengend. Das Gehirn versucht, zwei Ebenen gleichzeitig zu verarbeiten: die äußere Handlung und die innere Gedankenwelt. Das Ergebnis ist keine Erholung, sondern kognitive Überlastung. Wir verbrennen mentale Ressourcen – und wundern uns, warum wir am Montag leer sind.

Unsere Gesellschaft hat ein paradoxes Verhältnis zur Erholung: Sie wird gefeiert, aber nur, wenn sie produktiv ist. „Selfcare“ ist zur Pflicht geworden, Achtsamkeit zur Leistung. Wir sollen entspannen – aber bitte effizient.

Und so entsteht ein subtiler Druck: Nicht nur der Job muss gut laufen, sondern auch die Freizeit. Nicht nur die To-do-Liste im Büro zählt, sondern auch die To-do-Liste am Wochenende.

Wir tracken unsere Schritte, bewerten unsere Schlafqualität, messen unsere Erholungszeit. Was als Rückzug gedacht war, wird zur Bühne für Selbstoptimierung.

Doch echte Regeneration lässt sich nicht messen. Sie lässt sich nur erleben.

 

Montagmorgen – Wenn der Stecker gezogen ist

„Was mache ich denn jetzt, Abby? Ich sitze dann da und kriege nichts hin.“

Ich lehne mich zurück. „Vielleicht geht es gerade nicht darum, etwas zu machen. Vielleicht geht es darum, etwas zu lassen.“

Denn dieser Zustand ist kein Versagen. Er ist ein Signal. Ein Hinweis darauf, dass dein System überlastet ist. Die falsche Reaktion wäre, mit noch mehr Druck dagegenzuhalten. Die richtige: innehalten.

„Was wäre, wenn du heute nicht versuchst, den Sonntag fortzusetzen? Sondern den Montag neu beginnst – mit dir.“

Ich lade die Klientin ein, fünf Minuten nichts zu tun. Augen schließen. Atmen. Spüren. Nicht reparieren – sondern ankommen.

 

Kleine Rituale, große Wirkung – Wie wir Präsenz kultivieren können

Denn was hilft, ist oftmals nicht ein radikaler Rückzug, sondern das bewusste Einüben von Präsenz. Nicht als Technik, sondern als Haltung.

Hier ein paar Impulse, die du in deinen Alltag integrieren kannst – ganz ohne Leistungsdruck:

  • Mikro-Pausen: Drei bewusste Atemzüge vor dem nächsten Termin. Kein Handy, kein Input – nur du.

  • Sinnes-Spaziergänge: Geh spazieren und fokussiere dich auf einen Sinn – z. B. nur hören oder nur sehen.

  • Mono-Aktivität: Trinke deinen Kaffee ohne nebenbei zu scrollen. Spüre die Wärme, schmecke bewusst.

  • Digitale Inseln: Eine Stunde am Tag ohne Bildschirm. Nicht als Verzicht, sondern als Geschenk.

Diese kleinen Rituale helfen, die Verbindung zu dir selbst wieder aufzunehmen. Nicht, weil du dann „besser funktionierst“, sondern weil du dich wieder spürst.

 

Der Weg zurück – Präsenz als Praxis

In der Hektik des Alltags haben wir verlernt, die Stille auszuhalten. Wir füllen jeden Moment, weil wir Angst vor der Leere haben. Doch genau dort liegt der Schlüssel zur echten Erholung.

Es geht nicht darum, weniger zu tun. Es geht darum, das, was wir tun, ganz zu tun. Verkörperte Präsenz – das bewusste Erleben einer einzigen Handlung – ist der Weg zurück zu uns selbst.

„Wenn du das nächste Mal joggen gehst – geh ohne Podcast. Spür den Boden. Hör den Wind. Lauf nicht weg – lauf hinein.

 

Erholung bedeutet nicht, möglichst viele angenehme Aktivitäten in kurzer Zeit zu erledigen. Wahre Erholung entsteht, wenn wir mit voller Präsenz bei dem sind, was wir tun.

 

Achte darauf, wie oft du dissoziierte Aktivitäten ausführst. Frage dich: Bin ich wirklich da?

Beginne mit kleinen Schritten: Wähle eine Aktivität und verzichte bewusst auf Ablenkung. Sei einfach nur im Moment.

Und wenn du am Montagmorgen leer bist – dann ist das kein Rückschritt. Es ist eine Einladung, neu zu beginnen.

Nicht mit Tempo. Sondern mit Tiefe.

 

Und wenn du das Gefühl hast, dich in all den To-dos und Gedanken zu verlieren, dann lass uns gemeinsam herausfinden, wie echte Erholung für dich aussehen kann – ich begleite dich gern dabei.

 

Bis dahin: Bleib dran. Bleib bei dir.

 

Herzlich,

Abby

 

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