
Es ist der 21. September `25. Mein letzter Blogbeitrag liegt über einen Monat zurück. Nicht, weil mir die Worte fehlten – sondern weil das Leben dazwischenkam. Erst waren es andere Prioritäten, dann zehn Tage Corona, und plötzlich lag alles brach. Was vorher Routine war, wirkte danach wie ein Berg. Und während ich versuchte, das Liegengebliebene aufzuarbeiten, rutschte anderes wieder nach hinten. Der Blog zum Beispiel.
Und das Training. Am 3. Oktober `25 steht ein neuer Trail an – 27,8 Kilometer. Kurzdistanz, ja, aber dennoch eine Herausforderung. Das Training dafür ist ins Wasser gefallen. Jetzt versuche ich, wieder einzusteigen. Nicht, um vorne mitzulaufen. Sondern um anzukommen.
Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man nach einer Pause wieder beginnt. Die Muskeln sind träge, der Kopf voller Zweifel. Man erinnert sich an das, was man konnte – und spürt gleichzeitig, dass man gerade nicht dort ist. Es ist, als würde man in ein vertrautes Buch zurückkehren, nur um festzustellen, dass man die Geschichte darin neu finden muss.
Die psychologische Forschung kennt dieses Phänomen gut. Wenn Routinen unterbrochen werden, sinkt unsere Fähigkeit zur Selbstregulation – also zur bewussten Steuerung von Verhalten, Emotionen und Motivation. Das liegt nicht an mangelnder Disziplin, sondern an erschöpften Ressourcen. Der amerikanische Psychologe Roy Baumeister spricht in diesem Zusammenhang von „ego depletion“ – einem Zustand, in dem unser Wille buchstäblich müde wird. Krankheit, Stress, emotionale Belastung – all das zehrt daran. Und wenn diese Reserven erschöpft sind, braucht es Zeit, bis sie sich wieder auffüllen.
Was dabei hilft, ist nicht der große Plan, sondern der kleine Schritt. Die Forschung zu „implementation intentions“ – also konkreten Wenn-Dann-Vorsätzen – zeigt, dass solche Mikroentscheidungen wie Anker wirken. Sie geben Halt, wenn das große Ziel noch zu weit entfernt scheint. Wenn ich morgen aufwache, dann ziehe ich direkt meine Laufschuhe an. Wenn ich mich überfordert fühle, dann mache ich zehn Minuten Pause. Es sind diese kleinen, greifbaren Handlungen, die den Wiedereinstieg erleichtern.
Und dann ist da noch etwas, das oft unterschätzt wird: Selbstmitgefühl. Kristin Neff, eine der führenden Forscherinnen auf diesem Gebiet, beschreibt es als die Fähigkeit, sich selbst mit der gleichen Wärme und Fürsorge zu begegnen, die man einem guten Freund entgegenbringen würde. Studien zeigen, dass Menschen mit hohem Selbstmitgefühl nicht nur resilienter sind, sondern auch motivierter – gerade nach Rückschlägen. Sie lernen besser aus Fehlern, bleiben länger dran und gehen achtsamer mit sich um.
Ich merke, wie sich mein Blick verändert. Der Lauf ist nicht mehr das, was er vor Corona war. Und das ist okay. Die Strategie muss sich anpassen. Vielleicht laufe ich langsamer. Vielleicht mache ich Pausen. Aber ich laufe. Und das zählt.
Es gibt Phasen, in denen man nicht glänzt. In denen man nicht vorne mitläuft. Aber das Ziel bleibt. Und manchmal ist es gerade das Ankommen, das am meisten bedeutet.
Vielleicht ist es gerade diese Phase, die mir zeigt, wie viel Kraft im langsamen Wiedereinstieg liegt. Nicht im Sprint, sondern im bewussten Schritt. Ich habe gelernt, dass es nicht immer darum geht, alles sofort wieder zu können. Sondern darum, sich selbst wieder zu begegnen – mit Geduld, mit Neugier, mit einem Hauch von Trotz gegen die innere Stimme, die sagt: „Du bist zu spät dran.“
Denn manchmal ist der richtige Moment nicht der perfekte. Sondern einfach der, in dem man beginnt.
Und: Wieder losgehen heißt nicht von vorn anfangen. Es heißt, dort weiterzumachen, wo man gerade steht – mit allem, was man mitbringt.
Und wenn du gerade mit mir auf der Strecke stehst – sei es körperlich, gedanklich oder mitten im eigenen Umbruch – dann lass uns doch gemeinsam wieder anfangen. Denn auch das hilft: zu wissen, dass man nicht allein ist. Dass andere ebenfalls neu sortieren, neu starten, neu laufen. Vielleicht nicht im gleichen Rhythmus, aber in die gleiche Richtung.
Bis dahin: bleib dran, bleib bei dir.
Herzlich,
Abby
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